Marketing für freie Software

Marketing für freie Software ist Marketing mit und für eine Gemeinschaft. Nur wer gibt, bekommt etwas zurück.

Wer glaubt, Open-Source-Software sei bloß Software, die nichts kostet, hat wenig verstanden und wird die Potenziale freier Software niemals ausschöpfen können. Das Wesen freier Software wird gerne in einem englischen Wortspiel zusammengefasst:
Free as in freedom – not as in free beer

Werbung für freie Software

Wer quelloffene Software entwickeln und vermarkten will, sollte sich mit dem Freiheitsbegriff von freier Software beschäftigen. Unter den diversen Definitionen von freier Software ist die der Free Software Foundation (FSF) besonders prägnant. Software ist genau dann Freie Software, wenn sie dem Anwender per Lizenz die folgenden vier Freiheiten einräumt:

  • Die Freiheit, das Programm auszuführen, wie man möchte, für jeden Zweck.
  • Die Freiheit, die Funktionsweise des Programms zu untersuchen und eigenen Bedürfnissen der Datenverarbeitung anzupassen.
  • Die Freiheit, das Programm weiterzuverbreiten und damit seinen Mitmenschen zu helfen.
  • Die Freiheit, das Programm zu verbessern und diese Verbesserungen der Öffentlichkeit freizugeben, damit die gesamte Gemeinschaft davon profitiert.1

Aus diesen Freiheiten ergeben sich Konsequenzen fürs Marketing. Werbung für freie Software ist Werbung für Freiheit Freie Software ist nicht das Eigentum der Person oder des Unternehmens, das sie entwickelt. In dem Moment, in dem Software unter eine freie Lizenz gestellt wird, ist der Code Gemeingut.2

Die Stärke der Community

Was es bedeutet, dass freie Software ein Gemeingut ist, hat ein großer US-Konzern mehrfach erfahren, der Namensrechte3 an freier Software nicht mit der Open-Source-Community teilen wollte. Als Oracle die Namensrechte für die freie Office-Suite OpenOffice.org erwarb und sich mit der Community überwarf, erstellte diese einen Fork der Software und entwickelte sie unter dem Namen LibreOffice weiter. Ähnlich erging es dem Konzern, als er die Namensrechte an dem quelloffenen Datenbanksystem MySQL für sich beanspruchte. Die Community nahm den Quellcode und entwickelt ihn unter dem Namen MariaDB weiter.

Freie Software verschafft dem Anwender strategische Vorteile, die weit über die Tatsache hinaus gehen, dass er Lizenzkosten einspart.4 Kein Unternehmen kann freie Software einfach vom Markt nehmen. Der Anwender hat die Gewissheit, dass die Software, die für sein Geschäft wichtig ist, auch dann noch weiterentwickelt werden kann, wenn der ursprüngliche Hersteller das nicht mehr will oder nicht mehr kann.

Die Community als Werbegemeinschaft

Professionelle Mitglieder einer Software-Community kooperieren häufig beim Marketing und in der Werbung. Sie gründen Vereine oder Stiftungen, die über die Leistungen der Software informieren. Unternehmen, die Dienstleistungen mit Open-Source-Software erbringen, können von den Marketing- und Werbeaktivitäten der Community profitieren, indem sie sie durch Mitgliedschaft in den Trägerorganisationen oder durch Sponsoring unterstützen.

Die Community als Zielgruppe und Netzwerk

Die Community ist nicht nur eine Werbegemeinschaft, die nach außen agiert. Sie ist für das einzelne Unternehmen auch eine Zielgruppe. Denn es gibt in Software-Communities ein nicht zu unterschätzendes Binnengeschäft. Wenn ein Unternehmen mit einem Projekt beauftragt wird, das es nicht alleine bewerkstelligen kann, arbeitet es mit anderen Unternehmen oder mit kompetenten Freelancern aus der Community zusammen.

Während bei proprietärer Software unilaterale Beziehungen zwischen dem Hersteller und seinen Kunden bestehen, können sich bei freier Software multilaterale Netzwerke bilden. Die Reputation eines Unternehmens hängt davon ab, wie wichtig es für die Software-Community ist. Betrachtet es die von allen genutzte Software als echtes Gemeingut oder benutzt es die Community bloß, um seine Marktanteile zu vergrößern? Die Community erkennt schnell, worum es einem Unternehmen wirklich geht. Wer immer nur nimmt, wird nie Teil einer lebendigen Community sein. Nur wer gibt, bekommt etwas zurück.

Marketingberatung für freie Software

Jan Ulrich Hasecke ist seit vielen Jahren für Unternehmen und Communities tätig, die freie Software entwickeln und pflegen. Viele Jahre war er im Python Software Verband für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Er erstellte Broschüren und White Papers für Webframeworks, Content-Management-Systeme und Programmiersprachen. Er ist Mitglied der Python Software Foundation und der Plone Foundation. Seit 2016 arbeitet er für die IT-Genossenschaft Hostsharing eG.


  1. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Software ↩︎

  2. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Commons ↩︎

  3. Namensrechte unterliegen anderen Bedingungen als der mit einer freien Lizenz versehene Programmcode. ↩︎

  4. Vgl. Hasecke, Jan Ulrich: Anwenderemanzipation – Wie Nutzer die Softwareentwicklung beeinflussen können. In: Open Source Jahrbuch 2008. Hrsg. v. Bernd Lutterbeck/ Matthias Bärwolff/ Robert A. Gehring. 2008. S. 13–24. Online unter: http://www.opensourcejahrbuch.de/download/jb2008/osjb08.pdf ↩︎

Branchenerfahrung

Abstrakte Darstellung einer Webseite auf Notebook und Smartphone.

IT und Telekommunikation

Hasecke schreibt seit Jahren für IT-Unternehmen. Seine Texte zeichnen sich durch Verständlichkeit, Sorgfalt und technisches Verständnis aus.